Corona-Krise: Nur Ehrlichkeit, Mut und Optimismus führen in eine gute Zukunft

Apr 30, 2020

Corona-Krise: Nur Ehrlichkeit, Mut und Optimismus führen in eine gute Zukunft

Prolog

„Die einzige Art, gegen die Pest zu kämpfen, ist die Ehrlichkeit.“
„In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.“
(Albert Camus; Roman: „La Peste“ & Essay: „L’Été“)

Die große Unsicherheit

Denken, urteilen, entscheiden, handeln in größer gewordener Unsicherheit. Das ist keine einfache Aufgabe. Muss gelernt und eingeübt werden. Je nach Kontext und Zielsetzung immer wieder neu justiert und balanciert werden. In seiner Dynamik verstanden, in seiner Ambivalenz ausgehalten werden. In der aktuellen Corona-Krise erleben wir dies mit voller Wucht.
Längst hat sich ein zunächst naturhaftes Phänomen zu einem umfassenden kulturellen Handlungsgeschehen ausgebreitet: Gesundheitlich, gesellschaftlich, politisch, ökonomisch, sozial, medial, psychisch … Viel höher könnten die Wellen kaum schlagen.

In Bezug auf die moderne digitalisierte und globalisierte Welt ist die aktuelle Krise beispiellos, ein „Ereignis ohne Vorbild“. In ihren Dimensionen und Bewältigungsversuchen ebenso vielfältig wie widersprüchlich. Das Tempo der Einschätzungen und getroffenen Maßnahmen ist atemberaubend: Was gestern noch galt, gilt heute nicht mehr. Was heute richtig erscheint, kann sich morgen als falsch oder fehlerhaft erweisen. Ziele, Zahlen und Zusammenhänge mäandern.
Realität, Normalität, Kontexte, Maßstäbe, Handlungsräume und Perspektiven werden fließend und sprunghaft konstruiert, dekonstruiert, interpretiert und definiert. Orientierung und Haltlosigkeit, Rationalität und Irrationalität diffundieren, drohen zu verschwimmen.

Schockierter, schmerzhafter und erstaunter als je zuvor erleben wir, wie schnell und wie vieles seiner Selbstverständlichkeit, Normalität und Natürlichkeit beraubt werden kann. Wie fragil und „kippelig“ vieles ist. Wie eng vieles beisammen liegt, was im Alltag oft unverbunden oder klar abgegrenzt erscheint:

Offenheit & Abschottung, Solidarität & Egoismus, Freiheit & Zwang, Nähe & Distanz, Gesundheit & Krankheit, Würde & Entwürdigung, Besonnenheit & Aktionismus, Ignoranz & Übertreibung, Transparenz & Verschleierung, Flexibilität & Rigidität, Pragmatik & Ideologie, Vertrauen & Misstrauen, Dezentralismus & Zentralismus, Demokratie & Autokratie, Kurzfristigkeit & Nachhaltigkeit, Mut & Zweifel, Optimismus & Pessimismus, Berichterstattung & Erregungsbewirtschaftung, Eigenverantwortung & Verantwortungsdelegation, Macht & Ohnmacht, Gelingen & Scheitern, Schicksal & Schuld, Wissen & Glaube. Nicht zuletzt: Leben & Tod.

Die Corona-Krise hat in ihrer – objektiven wie subjektiv erlebten – „Totalität“ fast alle Strukturen, Systeme und Lebensbereiche erfasst, zugleich energetisiert und gelähmt. In Teilen in die Knie gezwungen. Die Frage, wo wir hierzulande und international derzeit in der Krisenbewältigung stehen, ganz am Anfang oder schon weiter, oder ob wir uns nur im Kreis drehen oder nicht, ist längst noch nicht entschieden. Unsicherheit ist und bleibt Unsicherheit. So groß die Sehnsucht nach Schutz, Risikofreiheit, Gewissheit, Gewohnheit und Vereinfachung auch sein mag…

Die große Bewährungsprobe

Schwere Krisen haben immer ein offenes Ende. Streng genommen auch einen offenen Anfang, Auslöser sind nicht immer gleich Ursachen. Im aktuellen Kontext stehen längst nicht mehr nur Gesundheitssysteme auf der Probe, sondern Staaten, Gesellschaften und Menschen im Ganzen. In der Angst vor Zusammenbruch und Überwältigung wird in der aktuellen Krise ein großer Kampf um Grenzen und Ressourcen geführt. Auf ganz unterschiedlichen Ebenen: Nicht nur antiviral, nicht nur territorial oder räumlich, auch gesellschaftlich, ökonomisch, sozial, psychisch.

Das Bedrohliche, das zu Bekämpfende, das Unkontrollierbare, das Innen und Außen, das Grenzverletzende, auch das Schuldige und Verantwortliche, zeigt sich je nach Perspektive mal stärker hier und mal dort. Die Grenzen – deren Bildungen, Schließungen und Öffnungen – verschieben sich ständig. Ebenso auch die dafür gewählten Entscheidungsmaßstäbe und zeitlichen Dimensionen; ebenso die zur Begründung und Rechtfertigung gewählten Narrative und Sprachbilder.

Vieles erscheint in der bisherigen Krisenbewältigung notwendig, gut und besonnen. Ebenso vieles zumindest aber auch fragwürdig. Nicht zuletzt die Übermacht oft kontextloser Zahlen, Statistiken und „Corona-Ticker“. Manches mag im Rückblick auch einmal „wie von Sinnen“ erscheinen. Angst und Not können vieles an- und auffressen…

Erst später wird der Weg der Krisenbewältigung in Ruhe einmal aufzuarbeiten sein. Auf seltsame Weise waren wir auf diese Krise weitgehend unvorbereitet. Haben uns gewünscht, der „Spuk“ möge an uns vorbeigehen, möglichst bald einfach vorbei sein.

Nach Phasen der Verharmlosung, der Schockstarre, der Hilflosigkeit, der Dramatisierung, des Aktionismus, der Abschottungen, des Stilllegens / Shutdowns, der Notverordnungen, der „großen Bazookas“, der Gießkannen und nicht zuletzt auch des Stillhaltens. Aktuell geht es darum, schrittweise wieder aus den Schutzwällen, Fluchtwegen, Tunneln, Verbunkerungen und auch Sackgassen herauszufinden. Auch darum, zwischenzeitlich stattgefundene Vereinseitigungen, Entgleisungen, Stigmatisierungen und Diffamierungen zu beenden. Es geht darum, wieder auf die Beine zu kommen. Weitere Potenzierungen, Ausweitungen und Dominoeffekte der Krise zu verhindern. Sehr vieles, und sehr vieles zugleich, steht weiterhin auf dem Spiel.

Einmal mehr zeigt sich, dass es in schweren und hochkomplexen Krisen keine „Pauschallösungen“, keine „Patentrezepte“, keine per se „alternativlosen“ Lösungswege und Strategien gibt. Gar nicht geben kann. Es gilt anzuerkennen und auszuhalten, dass Schwarz-Weiss-Kategorien, Entweder-Oder-Denken oder verbundene Totschlagargumente wenig weiter führen.

Zuspitzungen und Reintegration

Letztlich erscheint jeder (!) bisher gewählte Weg aus dieser Krise, wie auch jeder kommende mögliche, – samt einzelner Maßnahmen – in der einen oder anderen Form als „Experiment“. Immer nur in Teilen und Ausschnitten, nie im Ganzen begründbar, lenkbar, kontrollierbar und im Verlauf vorhersehbar.
Daher sollte auch niemand so tun oder sich brüsten, als ob er allein auf dem richtigen, verantwortbaren, humanen, nachhaltigen, erfolgreichen Weg der Krisenbewältigung sei.

Dies gelingt allenfalls unter Ausblendung, Verleugnung oder Diffamierung anderer, ebenso berechtigter Perspektiven, Handlungsoptionen und Werte. Nur unter Vorgaukelung scheinbarer Sicherheit und Kontrolle, die es aktuell gar nicht gibt, gar nicht geben kann.

Und weiter zugespitzt: Lebensschutz, Schutz würdevollen Lebens (und Sterbens) und Schutz der persönlichen Freiheit dürfen in einer demokratischen, liberalen und pluralen Gesellschaft nicht gegeneinander gestellt werden. Grundrechte und Grundwerte unserer Gesellschaft müssen sich auch und gerade in der Krise bewähren und miteinander im Lot bleiben. Sonst sind sie nichts wert!
Wer hingegen das eine gegen das andere ausspielt, wer Einseitigkeiten und Absolutismen pflegt,
wer Ängste schürt und instrumentalisiert, der unterstützt und übernimmt letztlich das Handwerk und Gehabe von Autokraten und Diktatoren. Das kann keiner ernsthaft wollen.

Erste und wichtigste Form der „Normalisierung“ und der „Öffnung“ in der Krise erscheint daher zunächst einmal die stärkere Wiederaufnahme und Wiederbelebung von Austausch und Diskurs, der gesellschaftlichen Debatte. Die Beendigung zwischenzeitlich stattgefundener oder nahegelegter Diskurstabuisierungen. Das Anerkennen notwendiger Differenzierungen von Zielen, Strategien und Maßnahmen. Wissenschaftsseitig haben selbst Virologen bereits früh zu Krisenbeginn eine fehlende Auseinandersetzung bemängelt. Zunächst wenig hörbar, später zunehmend auch Ökonomen, Gesellschaftswissenschaftler, Staatsrechtler, Historiker, Pädagogen, Psychologen, Ethiker, Kirchenleute etc. Diese Wiederbelebung ist gut, gesund und war überfällig.

Mit der Natur, mit naturhaftem Geschehen, mit der Pandemie lässt sich in der Tat nicht verhandeln. Sehr wohl aber darüber, welche Lösungswege, Strategien und Maßnahmen mit Bezug auf welche Ziele und in welcher zeitlichen Perspektive im Weiteren nun sinnvoll, stimmig, integrierbar, tragfähig, zumutbar, gestaltbar und lebbar sind. Das gilt es, gesellschaftlich auszuhandeln und zu vermitteln, Entscheidungen fortlaufend zu begründen, abzuwägen, auf jeweilige Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Das eine zu tun, bedeutet nicht das andere zu lassen; zumindest aber vorzuplanen und vorzubereiten. Gutes Krisenmanagement in „Ganzkrisen“ kann nicht einseitig und eindimensional sein.

Aus der Erstarrung und Stilllegung zurück in Bewegung, Mut und Lebendigkeit

Aktive und nachhaltige Krisenbewältigung muss mehr als Stilllegung, Vermeidung, Abwehr und Fahren auf kurze Sicht sein. Allein dadurch ergibt sich keine neue Orientierung, keine Aussicht und neue Zukunftsperspektive. Daher müssen nachhaltigere und differenziertere Lösungswege gefunden werden – auch jenseits alleiniger Hoffnung auf Medikamente und Impfstoffe. Es braucht unterschiedliche Fahrpläne, Mittelwege und Grautöne, die nach vorne zeigen. Kurz-, mittel und längerfristige Zielrichtungen, Strategien und verschiedene Perspektiven müssen ausgelotet, aufeinander bezogen, integriert und wo erforderlich neu ausgerichtet werden.

Mutig als „Krisenmanager“ vorangeschritten (zur Erinnerung: bereits ab Anfang Februar!) sind beispielsweise der Webasto-Chef Holger Engelmann oder auch der Landrat Stephan Pusch des Kreises Heinsberg. Mit zupackendem Optimismus, mit Besonnenheit, Mut und Weitblick. Sie haben sich, kurz gesprochen, von der Krise nicht in die Knie zwingen lassen. Haben gezeigt, dass man in Krisen zwar manches „falsch“, sehr vieles aber auch „richtig“ machen kann. Haben gegen Ausgrenzungen, Stigmatisierungen und Verkürzungen gekämpft. Versucht, bereits früh die „ganze Dimension“ des Geschehens zu erfassen und daher auch auf verschiedenen Ebenen zugleich zu handeln.

Haben dabei auch unkonventionell gehandelt, Eigeninitiative entwickelt, nicht nur nach dem großen Staat gerufen. Sie zählten auch zu den ersten Vorreitern der Erkenntnis: Die Krise ist nicht unbeherrschbar (was nicht bedeutet, diese völlig kontrollieren oder risikofrei bewältigen zu können)! Sie haben gezeigt, dass man aus Krisen auch gestärkt hervorgehen kann. Manche konnten und können sich davon auch für die Zukunft eine Scheibe abschneiden.

Zugleich gilt es nachsichtig mit all jenen zu sein, denen dies nicht im ersten Anlauf, nicht in Gänze oder nicht mit Souveränität gelingt (gleichwohl Verantwortung nicht abgelegt werden kann). Es kann und muss nicht jeder Alltagsheld sein. Und es gilt, immer auch mögliche andere Wege zu respektieren, denen man selbst spontan oder auch dauerhaft nicht zustimmen mag.

Unternehmen in der Krise: Zupackender Optimismus und Initiative sind gefragt

»Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.«

Vieles des zuvor Gesagten gilt natürlich auch für die aktuelle Krisenbewältigung in der Wirtschaft.
Die Corona-Krise hat verschiedene Unternehmen und Branchen unterschiedlich hart getroffen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an unterschiedlichen Stellen, in unterschiedlicher Tiefe. Für viele sind die Herausforderungen gewaltig, für andere überschaubarer.

Wer fragt und wagt, gewinnt

Generell gilt es für Unternehmen viele Fragen zu stellen, um sich zu orientieren, zu schützen und zugleich nach vorne auszurichten. Wie stark war und ist der Markteinbruch? Wie wird sich der Markt weiter entwickeln – kurz, mittel- und längerfristig?
Von welchen externen Faktoren hängt die Zukunft des Unternehmens ab? Auch: Von welchen Bedingungen wird diese Zukunft intern abhängig gemacht? Welche Task Forces, Krisenmonitorings und Strategiekonzepte werden gebraucht? Was kann dem Unternehmen „alte“ Stabilität zurückgeben, was „neue“ Stabilität schaffen? Welche Veränderungen zeigen sich im Verhalten der Kunden und Konsumenten (analog, digital, regional, global etc.)? Welche möglichen neuen, bisher nicht befriedigten Wünsche und Bedarfe zeigen sich? Wie ist die weitere Nachfrageentwicklung einzuschätzen? Was haben wir selbst in der Hand? Wie schaffen wir es, die Krise nicht nur zu überstehen, sondern gestärkt daraus hervorzugehen?

Bei all dem ist – mehr als je zuvor – ein „Denken in Szenarien“ erforderlich und hilfreich. Es gilt, verschiedene mögliche Marktentwicklungen zu berücksichtigen, flexibel darauf vorbereitet zu sein, unterschiedliche Handlungsstrategien vorzubereiten, zu jeweils adäquaten Zeitpunkten zu aktivieren. Mehr als sonst gilt es zudem, kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele und Strategien nicht nur zu differenzieren, sondern auch in stärkeren Austausch miteinander zu bringen, aufeinander zu beziehen, zu integrieren, zu balancieren und wo erforderlich neu auszurichten.
Liquiditätssicherung und Rentabilitätssicherung müssen beispielsweise Hand in Hand gehen. Handlungs- und Gestaltungsfreiräume müssen flexibilisiert und erweitert werden. Manches, was zuvor nur in der Schublade lag oder im Keimstadium war, kann gerade jetzt zu einem wichtigen Anker werden. Manche Idee, manche Menschen, manche Abteilungen (nicht zuletzt auch die Marktforschung), die im Unternehmen bisher vielleicht nur ein Schattendasein führten, können sich gerade jetzt als unverzichtbar und zukunftsweisend herausstellen.

Damit eine möglichst gute Krisenbewältigung gelingt, braucht es neuen Mut und Raum. Dafür muss man auch Denk- und Handlungsroutinen, die eher für ruhigere Zeiten gemacht sind, verlassen.

Fahren auf Sicht allein reicht nicht aus

Fahren auf Sicht ist in Krisen – aber auch in anderen größeren Wandelprozessen im Markt – eine häufig angewendete Strategie. Aber eben nur eine. Deren Verabsolutierung führt sehr schnell dazu, dass Überblick und Weitblick verloren gehen. Dass primär nur noch reagiert wird, man sich der Krise letztlich ausliefert, weitgehend passiv treiben lässt. Blick- und Handlungskorridore verengen sich, bleiben auf die Nahumgebung beschränkt, versinken weitgehend in Nebel. Fahren auf Sicht allein vermittelt keinen Ausblick, keine Zuversicht, keine Aussicht auf Zukunft mehr. Bedeutet Stillstand, letztlich auch Rückschritt. Die Summe noch so vieler nur kurzfristig ausgerichteter Entscheidungen und Maßnahmen ergibt keine mittel- und längerfristige Strategie. Schafft keine neuen Orientierungen und Handlungsmöglichkeiten.

Die Krise besser überstehen und sogar gestärkt aus ihr hervorgehen werden Unternehmen, die es in ihrer Historie und kulturellen Prägung immer schon gewohnt waren (oder es jetzt schnell lernen und umsetzen), in verschiedenen Szenarien zu denken. Kurz-, mittel- und längerfristige Strategien gleichermaßen konsequent verfolgen, aufeinander beziehen, wo erforderlich neu justieren und weiter entwickeln. Die starre Muster überwinden, Fehler zulassen und schnell daraus lernen, ihre Zukunft nicht bloßer Gegenwartsbewältigung opfern. Dies entscheidet sich „jetzt“ und nicht erst „nach“ der Krise. Mut, nicht Übermut, Vorangehen nicht Passivität, Tatkraft und Optimismus werden belohnt.

Marktforschung ist in Krisenzeiten kein Luxus, sondern zentrales Erkundungsinstrument

Gerade in stürmischen und unübersichtlichen Zeiten muss und kann (betriebliche wie externe) Marktforschung – ebenso wie auch krisenbewusste Kommunikation und krisenbewusstes Marketing – wertvolle Beiträge zu einer nachhaltigen Krisenbewältigung leisten. Es geht darum, besonders wachsam und achtsam zu erkunden und zu „monitoren“, was sich bei den Marktteilnehmern (Kunden, Lieferanten, Partnern, Wettbewerbern etc.) getan hat, gerade tut und tun wird. Welchen Einfluss dies auf kurz, mittel- und längerfristige Zielsetzungen und verbundene Fahrpläne und Geschwindigkeiten hat. Es gilt, Relevanzen zu priorisieren, Zeitachsen zu differenzieren, verschiedene Bezüge herzustellen. Risiken, Stabilisierungsmöglichkeiten und auch neue Chancen und Perspektiven auszuloten.
Nicht zuletzt auch zu überprüfen, wie es nach Schockwellen und Shutdowns um die Verfassung und den Antrieb der eigenen Mannschaft bestellt ist, was in der Öffnungsphase und für die weitere Krisenbewältigung wichtig ist. Zu hoffen, dass der „Spuk“ möglichst schnell einfach vorbei sei, sich Unsicherheit und Nebel von alleine lichten, zu glauben, um Probleme und Risiken würde sich allein der Staat kümmern können, ist zwar menschlich, aber kein aktiver Beitrag zur Krisenbewältigung.

Überlegen Sie spontan einmal, denn in Krisen geht es immer auch darum, schnell und fließend zu lernen:

Was ist in Ihrem eigenen Unternehmen in der Krisenbewältigung bisher gut gelaufen? Was noch nicht?
Was konnten Sie selbst bisher zur Krisenbewältigung beitragen? Wurden und werden Sie dabei – bspw. in Task Forces – ausreichend gehört und einbezogen? Haben Sie dies auch mit Ihren eigenen Mitarbeitern getan? Welche Potenziale und Ressourcen wurden in Ihrem Unternehmen zur Krisenbewältigung erfolgreich aktiviert? Gibt es noch weitere, noch brachliegende Ressourcen? Woraus schöpfen Ihr Unternehmen und auch Sie selbst Kraft? Erleben Sie im Unternehmen mehr tatkräftigen Optimismus oder mehr Klagen, Genervtheit oder Niedergeschlagenheit? Wie wird aktuell miteinander kommuniziert? Wurde und wird mehr oder anders als sonst üblich miteinander geredet und gerungen, oder eher geschwiegen? Wie kreativ und flexibel zeigt sich Ihr Unternehmen in der Krise? Was wäre mit Blick nach vorne in Ihrem Unternehmen erforderlich, sinnvoll und wünschenswert?

Ein paar mögliche Anregungen für die proaktive Krisenbewältigung…

Suchen Sie sich aus den vielfältigen Möglichkeiten, in der Krise proaktiv zu planen und zu handeln, einfach das für Sie und Ihr Unternehmen am besten Passende heraus:

  • Denken Sie noch stärker als zuvor in unterschiedlichen Marktszenarien. Dabei vor allem auch in verschiedenen zeitlichen Perspektiven. Setzen Sie gezielt verschiedene Szenario-Techniken ein und liefern Sie dafür notwendig Daten und Informationen.
  • Führen Sie SWOT-Analysen in kürzeren Zeitabständen durch und liefern Sie dafür spezifische Daten und Impulse.
  • Differenzieren Sie kurz-, mittelfristige und längerfristige Ziele und Strategien genau, beziehen Sie diese aufeinander, integrieren und justieren Sie diese wo erforderlich neu. Vermeiden Sie Fahren allein auf kurze Sicht, das schafft keine Zukunft!
  • Schauen Sie in die Zukunft, nicht nur auf das Kurzfristige: Was trägt konkret dazu bei, dass Sie in der Krise mehr Orientierung, mehr Voraussicht, mehr Handlungsräume gewinnen? Erkennen und benennen Sie zugleich offen vorhandene Dilemmata und suchen Sie nach bestmöglichen Auswegen (einen völlig schmerzlosen Weg gibt es dabei nicht).
  • Arbeiten Sie im Unternehmen insgesamt noch stärker als zuvor „interdisziplinär“. Erkennen Sie unterschiedliche Perspektiven und Bezugssysteme an. Bringen Sie Ihre eigene Perspektive noch aktiver als möglicherweise zuvor ein. Nehmen Sie die Krise gemeinsam und proaktiv an. Jeder ist dabei wichtig.
  • Innerer Halt und innere Orientierung sind als Leitgerüste und Stabilitätsanker im Unternehmen jetzt wichtiger denn je. Stärken Sie diese gezielt, vermeiden Sie umgekehrt hausgemachte Unruhe und Destabilisierungen.
  • Machen Sie daher Ziele, Strategien, Zusammenhänge und Handlungsbezüge in der Krise besonders deutlich und verstehbar. Seien Sie ehrlich. Mitarbeiter wollen orientiert sein, verstehen, Perspektiven sehen, aktiv einen Beitrag leisten können. Diffusion, Intransparenz und fehlende Vermittlungen führen zu Lähmung, Ohnmachtsgefühlen, Unruhe etc.

  • Beobachten, analysieren und differenzieren Sie Ihre Kunden (B2C wie B2B) noch genauer und engmaschiger als zuvor: Welche Auswirkungen hat die Krise auf das konkrete Marktverhalten der Kunden? Welche Veränderungen erscheinen eher kurzfristiger, welche eher mittel- und längerfristiger Natur? Was kehrt zu alter Normalität zurück, was könnte zu neuer Normalität werden? Welche neuen Wünsche und Bedarfe zeigen sich in der Krise? Welche wichtigen Zielgruppenunterschiede zeigen sich? Etc.
  • Bleiben Sie im engen Dialog mit Ihren Kunden: Was brauchen und wünschen diese gerade jetzt (kurzfristige Krisenbewältigung, Überbrückung), was brauchen diese in näherer Zukunft (Normalisierungen), welche neuen Bedarfe, Wünsche und Optionen ergeben sich und können sich noch ergeben (Zukunftsausrichtung, Innovation)?
  • Wer die Kunden jetzt (!) am besten versteht, am wachsamsten und achtsamsten ist, kann Kunden nicht nur besser halten, sondern auch neue gewinnen. Bieten Sie sich aktiv als verlässlicher und flexibler Anbieter und Partner an. Loten Sie zudem Potenziale aus, ihr Profil zu schärfen oder sich in Teilen auch neu zu positionieren.

  • Prüfen Sie – nach außen wie nach innen – Kommunikationsformen, Sprachbilder und Narrative derzeit besonders sorgfältig auf ihre Angemessenheit, Wirkung und Überzeugungskraft. Eine authentische und empathische Kommunikation mit Ihren Zielgruppen ist jetzt wichtiger denn je. Dies gilt selbstverständlich auch für aktuelle Werbekampagnen.
  • Versetzen Sie sich in die Empfänger Ihrer Nachrichten hinein: Er oder sie könnte zu jenen gehören, die unter besonders starkem Stress stehen, arbeitslos oder in Kurzarbeit sein, gestresste Kinder betreuen müssen, durch wochenlange Ausgangsbeschränkungen einen Lagerkoller haben etc. Ebenso aber auch zu jenen zählen, die gerade jetzt mit Optimismus, Mut und Tatkraft wieder vorangehen wollen.
  • Die Pandemie sollte nicht für aggressive Werbung oder Kundenansprache instrumentalisiert werden. Lassen Sie Ihre Kunden daran teilhaben, wie Sie sich für sie und die gesamte Gemeinschaft aktiv einsetzen – das wird einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das ist Ihre Chance, eine langfristige loyale Kundenbindung aufzubauen und zu stärken.
    Hier einige Beispiele: Zum Schutz älterer und gefährdeter Menschen haben bspw. Supermärkte spezielle Öffnungszeiten eingerichtet, BP bietet kostenlos Treibstoff für Rettungsdienste an, Trigema stellt Produktion auf Masken statt T-Shirts um, Estée Lauder Companies nimmt eine Produktionsstätte wieder in Betrieb, in der nun ausschließlich Händedesinfektionsmittel für Berufs- und Bevölkerungsgruppen mit besonders hohem Bedarf hergestellt werden (insbesondere für das medizinische Personal), Bäckereien geben ihre Teigwaren kostenlos an Menschen aus systemrelevanten Berufsgruppen ab, etc.

  • Beobachten Sie aufmerksam den Wettbewerb, national wie international:
    Welche unmittelbar krisenbezogenen Maßnahmen mit Blick auf die Kunden wurden dort getroffen? Welche zukunftsorientierten Marktaktivitäten zeigen sich?
  • Prüfen Sie zugleich Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Unternehmen.
    McDonald’s arbeitet bspw. mit Aldi zusammen, stellt in Deutschland seine Mitarbeiter aus geschlossenen Restaurants zur Verfügung. Unterstützt so die Lebensmittelversorgung und wirkt mit, dort Personalengpässe und Überlastungen zu vermeiden.

  • Bedenken Sie bei dem, was Sie persönlich und im Unternehmen insgesamt tun: Nicht-Handeln ist auch Handeln, Nicht-Kommunizieren ist auch Kommunizieren, Nicht-Entscheiden ist auch eine Entscheidung. Haben Sie den Mut, entschlossen, zupackend und optimistisch zu handeln.
  • Setzen Sie all das, was Sie in der Vergangenheit in puncto „Agilität“ und „Vuca-Welt“ gelernt haben, jetzt gezielt um. Die aktuelle Krise ist dafür ein Großeinsatz.
  • Die Fähigkeit, beweglich zu handeln ist jetzt besonders gefragt. Suchen Sie daher nicht nach absoluten oder perfekten „Königswegen“, versteifen Sie sich nicht auf einen scheinbar einzig richtigen und erfolgversprechenden Weg. Viele Wege führen nach Rom. Und es gibt auch andere schöne Städte!
  • Verlieren Sie, bei aller Belastung und „Löschaktivitäten“, nie die wichtigsten Stabilitätsanker und Werte Ihres Unternehmens aus den Augen – und auch nie die Chancen von Krisen.

Wird die Welt nach der Corona-Krise eine „völlig andere“ sein?

Ereignisse – und Corona ist ein gewaltiges und länger andauerndes Ereignis – können sehr hohe Wellen schlagen. Sie sollten aber nicht mit Strukturen verwechselt werden. Ereignisse können tiefer liegende Strömungen (inkl. deren Gegenströmungen) befeuern und beschleunigen, umgekehrt auch verlangsamen oder vorübergehend ganz lähmen. Weit seltener bereits vorhandene Strömungsrichtungen dauerhaft aufhalten oder umlenken, oder diese erst neu erschaffen.
Große Strukturen und Strömungen entwickeln und bewegen sich in historischer Betrachtung in der Regel erst über viele Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte.

Daher sind Auffassungen, dass die Welt nach Corona eine „völlig andere“ sei, dass „nichts mehr sein wird, wie es war“, dass nun „alles auf den Kopf gestellt wird“ zumindest mit Vorsicht zu betrachten. Krisenhafte Ereignisse spülen das Tieferliegende, zumindest im Keim schon Angelegtes, nach oben, machen uns dieses transparenter. Halten uns den Spiegel vor. Demaskieren auch. Machen Stärken und Schwächen, kulturelle Muster, Belastbarkeiten und Tragfähigkeiten, Konflikte und bisher ungenutzte oder brachliegende Ressourcen sichtbarer. Wie unter einem Brennglas. Ereignisse können wichtiger Funke sein, etwas anschieben, ein Anstoß sein. Sie konstituieren oder bedingen dessen Strukturen und Kräfte aber nicht selbst; bestimmen nicht ursächlich deren Bewegung und Lauf. Beispielsweise erlebt die digitale Transformation derzeit einen Schub, ist aber kein Kind der Corona-Krise; ebenso wenig wie es die Rückkehr des Nationalstaats und die Schließung territorialer nationaler Grenzen sind. Nicht einmal „Stay Home“ ist etwas grundsätzlich Neues, greift „Cocooning“-Strömungen der Postmoderne nur neu auf.

An die aktuelle Corona-Krise heften sich viele bereits bekannte Ideologien.
Manche (so auch der Zukunftsforscher Horx) neigen sogar dazu, das Virus hochzustilisieren und zu mystifizieren. Als möglichen „Sendboten aus der Zukunft“, dessen drastische Botschaft laute: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt. Verbunden mit der Aufforderung, sich neu zu erfinden.

Das aber macht und versucht der Mensch schon seit Jahrhunderten und Jahrtausenden. Aufschlussreicher ist die aus der Zukunft heraus formulierte Frage: Könnte es nicht sein, dass das Virus unser Leben in eine Richtung verändert hat, in die es sich „sowieso verändern wollte“. Das trifft es schon besser, entspricht oben Gesagten über Ereignisse und tieferliegende, längst vorhandene kulturelle, gesellschaftliche und psychologische Wirkkräfte. Manche Träumerei von einer ganz neuen Nach-Corona-Welt – ebenso wie Befürchtung von Apokalypse und jüngstem Gericht – wird wohl wieder zerplatzen. Das Virus selbst hat außer seiner naturhaften Wirkung in seinen Wirten keine mystischen Gestaltungskräfte, nicht einmal einen Stoffwechsel wie etwa Bakterien.

Es ist und bleibt (auch in der Krise) der Mensch, der handelt. Ebenso gelingend wie scheiternd.

Ausblick

Noch wissen wir nicht, welche Fäden „Corona“ in die Webmuster der Zukunft hineinziehen wird…
Noch wissen wir nicht, welche Wirkungen sich noch zeigen werden, welche möglicherweise überdauern werden. Welche Narrative sich einmal durchsetzen werden. Welche Kräftebinnenverhältnisse sich verschieben oder an mögliche Wendepunkte gelangen.

Echte Disruptionen und Innovationen, die primär coronakrisenbedingt wären – also nicht nur Schwerpunktverlagerungen oder primär nur phänotypische Veränderungen – erscheinen zunächst weniger wahrscheinlich, sind aber nicht undenkbar.

Auch daher lohnt es, in dieser bewegten Zeit besonders wachsam, achtsam und neugierig zu sein, sich den weiteren Blick nicht durch Scheuklappen zu verstellen. Den Blick nach vorne zu richten, zu lernen und wieder mutig und optimistisch voranzuschreiten. Für eine gute Zukunft…!

Neben guter Gesundheit wünschen wir Ihnen und Ihrem Unternehmen dabei gutes Gelingen. Gerne unterstützen wir Sie – mit großem Herz und Verstand – in Ihren aktuellen Aufgaben und Anforderungen!

 

Kontakt: info@heuteundmorgen.de – Telefon: +49 221 995 005-0.

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