Marktforschung: Vom Wert des Fragens

Marktforschung: Vom Wert des Fragens
Jan 13, 2022

Marktforschung: Vom Wert des Fragens

Es ist das Fragen, das in die Zukunft führt. Nicht bequeme Annahmen oder voreilige Antworten.

Der Beginn eines neuen Jahres ist gewöhnlich mit vielerlei Fragen verbunden: Was bringt das neue Jahr? Wird es ein Gutes? Was wird sich verändern? Welche neuen Chancen und Risiken kommen auf uns zu? Welche Ziele wollen wir erreichen? Welche Wünsche werden sich erfüllen? Welche eher nicht? Der Start ins Jahr 2022 macht hier keine Ausnahme. Hochkonjunktur haben auch wieder allerlei Jahresausblicke, vorausschauende Prognosen, Antwortkataloge auf als besonders „brennend“ angesehene Fragen. Auch viele und nicht selten billige Tipps und Ratgeber, nicht zuletzt auch Horoskope. All dies soll auf irgendeine Art und Weise Antwort geben.

Zugleich spiegelt sich darin: Wir versuchen als Menschen ständig, Antworten zu finden. Antworten sind begehrt. Im Idealfall lösen diese Ungewissheiten und Unsicherheiten, lassen uns bisher Unbekanntes besser begreifen und aneignen, schaffen neue Handlungsperspektiven, versprechen Vorteile im Wettbewerb.

Der Fokus auf das Antworten – statt auf das Fragen – sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Mensch seinem Wesen nach ein Fragender ist. Dem Antworten geht das Primat des Fragens voraus. Wäre der Mensch kein Fragender, bräuchte und gäbe es auch keine Antworten. Jedes Fragen ist ein Suchen, das dem Finden und jeder Erkenntnis voransteht. Dies mag zunächst einmal selbstverständlich oder banal klingen. Doch machen wir es uns nicht zu einfach. Nicht ohne Grund heißt es beispielsweise:

• Wenn du die richtigen Antworten finden willst, musst du die richtigen Fragen stellen.
• Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.
• Nur wenige kümmern sich darum, die Frage zu prüfen, bevor sie die Antwort liefern.
• Viele Menschen versuchen Probleme zu lösen, indem sie die falschen Fragen stellen.
• Die einzige Möglichkeit, eine innovative Antwort zu finden, ist, Fragen zu stellen, die zuvor noch nicht gestellt wurden.

Das Fragen erscheint also alles andere als selbstverständlich. Fragen ergeben sich keineswegs von selbst. Das Fragen hat einen eigenen Wert, ist eine Kunst, Wissenschaft und Methode für sich. So „scharf“ wir auch auf Antworten sein mögen – und uns mitunter auch davon blenden lassen – sollte dem Fragen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Mehr Raum und mehr Reifezeit.

So manche Antworten werden gerne ihrer Fragen entkleidet. Können so in die Enge und Irre führen, wo erst ein weiteres oder anderes Fragen neue Orientierung, neue Wege und Perspektiven verschaffen kann.

Sehr vieles weist aber darauf hin, dass gerade in einer von Wandel und hoher Veränderungsdynamik geprägten Welt der Wert des Fragens weiter zunimmt.

 

Fragen zwischen Alltäglichkeit, Kunst und Methode

Fragen kann auf ganz unterschiedliche Weise erfolgen: neugierig, spielerisch, ernst, spontan, oberflächlich, tiefgreifend, methodisch, unsystematisch, rhetorisch, herausfordernd, suggestiv, explorierend, fokussiert, offen, geschlossen, bahnbrechend, etc.
Das Fragen (samt dem „Nachfragen“ und „Hinterfragen“) ist ebenso eine ganz alltägliche Angelegenheit, wie auch eine Wissenschaft (Fragemethoden) und Kunst. Idealerweise angetrieben von Neugier und Offenheit, Lust am Verstehen und der Aneignung der Welt. Dass der Mensch fragt – sich in eine fragende Beziehung zu sich und seiner Um- und Mitwelt setzt – ist ein elementarer Vorgang. Wer aufhörte zu fragen, verlöre ein wesentliches Bestimmungsmerkmal des Menschseins. Fragen ist Handeln. Ich frage, also bin ich. Das gilt für einzelne Menschen wie für Unternehmen und Gesellschaften.

Damit nicht genug. Das Fragen kann auch selbst befragt werden. Selbst zum Gegenstand des Fragens werden. Sehr anschaulich äußert sich dies im Alltag beispielsweise darin, dass gesagt wird, diese oder jene Frage sei „falsch gestellt“, „überflüssig“ oder „unzulässig“. Oder im Gegenteil eine Frage wäre eine „gute“, „sinnvolle“ oder „berechtigte“, oder träfe „des Pudels Kern“.

Das Fragen unterliegt ganz unterschiedlichen Bewertungen und Einordnungen. Auch Aussagen wie „auf diese Frage wäre ich gar nicht gekommen“ oder „diese Frage hätte ich (mir) so gar nicht gestellt“ belegen, dass das Fragen keinesfalls selbstverständlich ist. Sondern ein in hohem Maße kreativer, gestaltender und auch mutiger Schaffensprozess.
Das Stellen von Fragen – ebenso wie deren Auslassen oder Tabuisierung – ist ein komplexer, interaktiver Vorgang, der Frager, Befragte und das Befragte umfasst.

 

Warum und wozu fragen?

Die wohl anspruchsvollste und zugleich vornehmste Aufgabe aller Forschung und auch der Marktforschung ist es, richtige, zielführende und kontextangemessene Fragen zu stellen, inhaltlich wie befragungsmethodisch. Nicht per se das Antworten liefern. Schon gar nicht voreilige oder verkürzte. Oder solche, die am ausgewählten Befragungsgegenstand und am eigentlichen Befragungsziel vorbeischießen bzw. diesem nicht gerecht werden.

Mögliche Antworten ergeben sich erst im Prozess des Entwickelns und Stellens von Fragen. Kurz: Banale Fragen produzieren banale Antworten. Anders formuliert: Die Grenzen des Fragens (deren Beschränktheit, deren Zu- und Auslassung, deren fehlende Orientierung an bzw. Verknüpfung mit konkreten Erkenntniszielen etc.) bedeuten die Grenzen der Welt (= deren jeweils konkret interessierenden bzw. zu erkennenden Aspekte). Antworten und Problemlösungen ergeben sich oft erst dadurch, dass Fragen neu oder anders gestellt werden.

Bisweilen wird die jeder Antwort vorgelagerte und vorrangige substanzielle Bedeutung des Fragens in Marktforschungsprozessen gerne ausgeblendet oder vernachlässigt. Beispielsweise auch aufgrund „unbefragt“ bleibender Effizienz- oder Schnelligkeitsansprüche oder vielerlei anderer Befragungsrestriktionen (fehlendes Bewusstsein für relevante Befragungsinhalte, reine Innensicht auf bestimmte Fragestellungen, Vorurteile, Angst vor möglicherweise schmerzhaften Ergebnissen, Missverständnisse über Chancen und Grenzen verschiedener Befragungsmethoden, fehlende Erfahrung mit bestimmten Befragungsgegenständen, generelles Misstrauen gegenüber Marktforschung etc.)

Im Worst Case werden so allerlei Antworten bzw. Ergebnisse produziert, deren Beitrag zum Gewinn neuer und handlungsrelevanter Erkenntnisse am Ende zwangsläufig (!) sehr dünn ausfällt. Woraufhin sich (erwartbare!) Enttäuschungen breit machen. Oder das Fragen als elementare, für jederlei Erkenntnisgewinn notwendige Handlung, selbst in Misskredit gerät.

 

Fragen gehen Antworten voraus

Vermieden werden können solche zirkulären Effekte, wenn sich Auftraggeber wie Auftragnehmer darüber bewusst sind, dass Kriterien wie schnell, einfach, effizient, günstig etc. nicht alleiniger oder primärer Maßstab sein können bzw. sollten. Fragen ist auch kein Selbstzweck, darf auch keine ungeliebte Pflichtübung werden.

Vielmehr geht es darum, zu Beginn von Forschungsprojekten jeweilige Kontexte, Hintergründe, bereits vorhandenes Wissen und Wissenslücken, Erkenntnisziele etc. zu besprechen und zu definieren. Befragungskonzepte brauchen kreativen Raum und eine Reifezeit. Echte Neugier und Begeisterung für das Fragen. Eine Kultivierung. Erst auf einem solchen tragfähigen Boden kann es gelingen, passende Befragungskonzepte und einzelne Fragestellungen zu entwickeln, die ermöglichen, zu Fortschritten, Innovation und substanziellen Erkenntniszuwächsen zu kommen.

Inhalt und Methodik des Fragens sind weder ein austauschbarer Automatismus noch ergeben sie sich wie von selbst. Das (gute, richtige, kreative, zielführende, zukunftsorientierte, …) Fragen – und damit verbunden auch das aufmerksame Zuhören (!) – sind der Kern professioneller Marktforschung.
Ansonsten verkämen Marktforschung und Forschergeist zum Re-Produzenten nur beiläufiger, bereits bekannter oder lediglich unterhaltsamer Antworten. Fragen, die nicht etwas In-Frage-Stellen, Bestehendes und Zukünftiges, Bekanntes und Unbekanntes nicht in Vermittlung und Bewegung zu bringen vermögen, blieben letztlich „tote“ Fragen bzw. Alibi-Fragen. Marktforschung kann nur dann relevante Antworten liefern, wenn die Fragen dies auch ermöglichen.

Fragen Sie sich selbst einmal: Wie stark wird das Fragen in Ihrem Unternehmen genutzt? Gibt es hierzu Strategien, Richtlinien oder bewährte Methoden? Welche möglichen Unterschiede gibt es bezüglich externer und interner Befragungsinhalte? Welche Fragen stehen im Vordergrund? Welche Fragen werden vernachlässigt oder ausgeblendet? Haben Sie den Eindruck, dass die Kultur Ihres Unternehmens dabei unterstützt oder eher davon abhält, Fragen zu stellen? Welchen Stellenwert hat dabei die Marktforschung?

 

Fragen bedeutet, offen zu sein für Entwicklung und Innovation

Das Fragen ist elementar für das Lösen von Problemen, die Entstehung von Innovationen und für die gesamte Weiterentwicklung. Manche gehen sogar so weit, zu sagen, dass Unternehmen „mit Fragen betrieben werden“. Erkennen, dass große Unternehmer sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie vieles oder sogar alles in Frage gestellt haben.

Fragen zu stellen, statt Antworten zu geben, ist kein Zeichen von Schwäche. Es stärkt die Beziehungen zur Um- und Mitwelt (Kunden, Mitarbeiter etc.), erweitert das Verständnis, steigert verbundene Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Fragen inspirieren. Sind ein gutes Gegenmittel gegen verkrustetes Rumackern, Tretmühlen und fragloses Weiter-so. Kurz: Wer nicht fragt, bleibt dumm (zumindest dümmer als notwendig). Dies gilt nicht nur für Kinder …

Daher gilt es auch im Jahr 2022, gegenüber den Veränderungen und Entwicklungen an den Märkten und den Kunden neugierig, aufmerksam, vorausschauend und ergebnisoffen zu sein. Die Zukunft wird von den Gestaltern geprägt, nicht den Verwaltern. Wer fragt, wer die Lust, die Bereitschaft und Fähigkeit zu fragen nicht verliert, der gewinnt. Wer etwas bewegen, verändern und begeistern will, kommt um das Fragen nicht herum. Viele sind „scharf“ auf bessere Antworten. Dafür gilt es aber zuerst, die richtigen Fragen zu stellen.

Auch in diesem Jahr möchten wir Sie und Ihr Unternehmen auf diesem Weg unterstützen und begleiten. Ihnen dabei nicht zuletzt ein wertvoller Sparringspartner sein, um gemeinsam die für Ihr Unternehmen richtigen und wichtigen Fragen zu finden, sie in passender Weise zu stellen und am Ende dann auch mit Handlungs- und Fortschrittsperspektiven zu beantworten. Es lohnt sich!

Wir wünschen Ihnen einen neugierigen und zuversichtlichen Start in das neue Jahr!

Ihr Team von HEUTE UND MORGEN

 

Kontakt aufnehmen

Interessiert am weiteren Austausch über den Wert, die Kunst und die Kultivierung des Fragens?

Sprechen Sie uns gerne einfach an:

Tanja Höllger – E-Mail: tanja.hoellger@heuteundmorgen.de – Telefon: +49 221 995 005-12.

Viele weitere Blogbeiträge, die zum Fragen und Nachdenken inspirieren, finden Sie auch in der Themenübersicht unseres Blogs „Plan Z – Zeit für Zukunft“.

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