Nachhaltigkeit: Für Unternehmen auch als Arbeitgeber relevant

Nachhaltigkeit Für Unternehmen auch als Arbeitgeber relevant
Nov 24, 2023

Nachhaltigkeit: Für Unternehmen auch als Arbeitgeber relevant

Nachhaltiger zu produzieren und zu wirtschaften ist eine der großen und bleibenden Zukunftsaufgaben für Unternehmen. Nicht nur mit Blick auf Ökologie, Umweltschutz und Klimawandel, sondern auch in sozialer und gesamtunternehmerischer Hinsicht.

Dabei wurde Nachhaltigkeit in Unternehmen anfänglich nicht selten nur als Trend verstanden. Als bloße Herausforderung für das Marketing, oder auch einfach nur als lästig. Viel Energie und Eifer wurde darauf verwendet, sich möglichst schnell ein „grünes Mäntelchen“ überzuziehen und sich als besonders nachhaltig „zu verkaufen“. Ohne bereits profunde Transformationsschritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit vorweisen zu können. Massenhaft und aktionistisch wurden auch mit oft fragwürdigen Nachhaltigkeitsargumenten gelabelte Produkte auf den Markt geworfen (oft ohne Begründung dann auch zu höheren Preisen). Nachhaltigkeit erschien als bequemer Zug, auf den man einfach nur aufspringen musste und sogar noch gutes Geschäft damit machen konnte. Belastbare und für das jeweilige Unternehmen authentische Nachhaltigkeitsstrategien wurden hingegen wenig entwickelt.

In einer erwartbaren Gegenbewegung machten dann schnell auch die Begriffe des „Greenwashing“ oder des „Whitewashing“ die große Runde. Und wer als Unternehmen seine Nachhaltigkeit ohne substanzielle und nachvollziehbare Basis besonders laut herausposaunte, wurde später umso härter entlarvt und abgestraft.

In Unternehmen wurde häufig übersehen, dass Nachhaltigkeit nicht nur von der kritischen externen Öffentlichkeit mit ihren Erwartungen und Ansprüchen geprägt wird, sondern auch eine ebenso bedeutende interne Dimension hat. Manche Mitarbeitende rieben sich verwundert die Augen angesichts großer Nachhaltigkeitswerbekampagnen und fragten sich, wie ihr Unternehmen scheinbar über Nacht und wie durch Zauberhand plötzlich als besonders nachhaltig gelten konnte.

Mittlerweile hat sich der Nachhaltigkeitsdiskurs etwas abgekühlt und ist auf dem Boden der Realität gelandet. Nachhaltigkeit eignet sich per se nicht für kurzlebige Hypes oder Aktionismus. Im Ganzen setzt sich das Eingeständnis durch, dass nachhaltigkeitsorientierte Transformationen in Unternehmen (und auch in der gesamten Gesellschaft) ein langer, kontinuierlicher, arbeitsreicher und auch nicht konfliktfreier Weg in vielen Schritten und Bausteinen ist – und eben kein Sprintprojekt.

Unternehmen beginnen, ihre Anfangsfehler im Umgang mit Nachhaltigkeit zu erkennen und arbeiten nun vermehrt – teils weiterhin gezwungenermaßen (gesetzlich und auf verschiedenen externen Druck reagierend), teils jetzt durchaus auch stärker von innen heraus motiviert und potenzialorientiert – an tragfähigeren Ideen, Konzepten und Strategien auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.

Geblieben ist die Skepsis, ob es Unternehmen mit ihren eigenen Nachhaltigkeitsversprechen wirklich ernst meinen. Oder ob diese nur, und dies auch nur sehr widerwillig, lediglich verpflichtenden Auflagen folgen bzw. nachlaufen. Hier liegt es an den Unternehmen selbst, zunächst Substanzielles zu leisten und zu liefern, bevor erneut große Lautsprecher ausgepackt werden. Wirklich nachhaltige Marken gibt es bislang kaum, noch immer erscheint Nachhaltigkeit als Anhängsel ohne tiefere Integration.

Zusätzlich wurde bisher in Politik, Wirtschaft und der Gesellschaft als Ganzes wenig entwickelt und kultiviert, dass Nachhaltigkeit nicht nur mit Verzicht und hohen Kosten gleichgesetzt werden sollte. Vielmehr birgt sie auch erfüllende und freudige Aspekte, die als Potenzial und Bereicherung betrachtet werden können. Die Bezeichnung „Nachhaltigkeit“ selbst leidet unter einem Imageproblem, da sie oft nicht mit diesen positiven Aspekten, sondern eher mit Verzicht assoziiert wird. Es ist entscheidend zu erkennen, dass Nachhaltigkeit nicht nur einen erzwungenen Verlust und Beschränkung darstellt, sondern auch Chancen für positive Veränderungen und Bereicherungen in sich birgt.

 

Unternehmen sollten beim Thema Nachhaltigkeit ihren Blick nicht nur nach außen, sondern auch nach  innen richten

Speziell aus Unternehmenssicht greift es zudem wie bereits erwähnt deutlich zu kurz, beim Thema Nachhaltigkeit den Blick lediglich auf externe Anspruchsteller und Entscheider zu richten (Kunden, Verbraucher insgesamt, öffentliche Auftraggeber, Geschäftspartner, Investoren etc.). Vielmehr geht es um Unternehmenswerte und Unternehmenskultur im Ganzen. Als wichtiger Teilaspekt auch um die Attraktion und Bindung der eigenen Mitarbeiterschaft und auch neuer Bewerber.

Eigene Untersuchungen zeigen hier, dass der positive Einfluss des Nachhaltigkeitsengagements von Unternehmen, sofern es mehr als bloße Lippenbekenntnisse, luftige Versprechungen oder symbolisches Handeln umfasst, sogar noch stärker bei den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirkt als bei den Kunden und der weiteren externen Öffentlichkeit.

 

Nachhaltigkeit lohnt sich für Unternehmen auch in ihrer Rolle als Arbeitgeber

Darüber hinaus zeigt sich: Drei von vier Beschäftigten in Deutschland begrüßen ausdrücklich, wenn sich der eigene Arbeitgeber nachhaltig engagiert, Frauen sogar noch etwas stärker als Männer. Für 40 Prozent der Beschäftigten ist es von hoher Bedeutung, dass ihr Arbeitgeber Nachhaltigkeit im Unternehmen nicht nur fördert, sondern sich aktiv dafür einsetzt – und dies betrifft nicht nur jüngere Generationen. Lediglich 13 Prozent ist dies weitgehend egal.

Noch relevanter ist folgender Befund: Arbeitnehmer, die meinen, ihr eigenes Unternehmen verhalte sich bereits in stärkerem Maße nachhaltig, weisen eine deutlich höhere Bindung an ihren Arbeitgeber auf (Indexwert auf Bindungsskala 0 bis 100: 74) als jene, die angeben, dies sei bisher noch nicht der Fall (Bindungsindexwert: 49). Dies stellt keine Kausalität oder einen Automatismus dar, verdeutlicht aber  wichtige interaktive Zusammenhänge. Zumal sich auch mit Blick auf die Zukunft zeigt: Bereits heute kann sich mehr als jeder vierte Beschäftigte in Deutschland nicht mehr vorstellen, zukünftig überhaupt noch für ein Unternehmen zu arbeiten, das keine klaren Nachhaltigkeitsziele verfolgt. Unter Beschäftigten mit Führungsverantwortung sagt dies sogar bereits mehr als jeder Dritte.

Kurz: Unternehmen sind gut beraten, auch die Mitarbeiterperspektive in ihren Umgang mit Nachhaltigkeit einzubeziehen.

 

Aus Arbeitnehmersicht ist in puncto Nachhaltigkeit noch viel Luft nach oben

Wie aber sieht der aktuelle Status Quo in puncto wahrgenommener Nachhaltigkeit in Unternehmen aus?

Hier zeigt sich: Aus Arbeitnehmersicht fällt das Nachhaltigkeitszeugnis in vielen Unternehmen noch

sehr durchwachsen aus. Nur in jedem fünften Unternehmen hat das Thema Nachhaltigkeit aus Sicht der Mitarbeitenden einen vorrangigen Stellenwert; rund 40 Prozent geben hingegen an, man hätte im eigenen Unternehmen aktuell wichtigere Themen. Nur – oder je nach Perspektive „immerhin“ – jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland beurteilt den eigenen Arbeitgeber in puncto Nachhaltigkeit bereits als sehr gut aufgestellt. Rund 30 Prozent sind hingegen explizit der Auffassung, dass sich ihr eigener Arbeitgeber bisher noch zu wenig für Nachhaltigkeit einsetzt. Als Gesamtbefund lässt sich zusammenfassen:
Die Potenziale nachhaltiger Unternehmensführung werden bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Nicht nur nicht nach außen (und hier insbesondere aus Kunden- und Verbrauchersicht), sondern auch nach innen aus der Mitarbeitersicht nicht.

Überlegen Sie an dieser Stelle selbst einmal:

  • Welche Schulnote würden Sie Ihrem eigenen Arbeitgeber in puncto Nachhaltigkeit insgesamt geben (ökologisch, sozial, ökonomisch, gesamtunternehmerisch)?
  • Hat sich in den letzten 1 bis 2 Jahren in puncto Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen etwas Substanzielles getan? Wenn ja, worin zeigt sich das?
  • Wie erleben Sie den Nachhaltigkeitsweg Ihres Unternehmens? Engagiert? Konkret? Transparent? Authentisch? Wirksam? Diffus? Stockend? Halbherzig?
  • Hat die Nachhaltigkeitspraxis in Ihrem Unternehmen für Sie persönlich Einfluss darauf, wie stark Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber verbunden fühlen?
  • Wie wird Nachhaltigkeit intern in Ihrem Unternehmen gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert? Welche HR-bezogenen Maßnahmen gibt es dazu?
  • Wo und wie werden die Beschäftigten bisher in nachhaltigkeitsorientierte Projekte und Entwicklungen eingebunden? Was wünschen Sie sich hier für die Zukunft?

 

Tipps für die Unternehmenspraxis

Zum Abschluss möchten wir einige Tipps und Impulse für den internen Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf die eigene Mitarbeiterschaft geben.

  • Nachhaltigkeit in allen Dimensionen denken:
    Denken Sie bei Ihrem Engagement für Nachhaltigkeit nicht ausschließlich an ökologische Lösungen. Beachten Sie ebenso die ökonomischen und sozialen Aspekte, da diese nicht nur genauso bedeutend, sondern oft auch spürbarer und erlebbarer für Mitarbeitende sind. Ein ganzheitlicher Ansatz, der Umweltverantwortung, wirtschaftliche Stabilität und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt, führt zu nachhaltigem Unternehmenserfolg und einer positiven Wirkung auf Kunden, Mitarbeitende und die Gesellschaft.
  • Klare Kommunikation:
    Gewährleisten Sie eine klare und verständliche Kommunikation der Nachhaltigkeitswerte und konkreten Ziele Ihres Unternehmens an alle Mitarbeitenden. Oftmals bleiben diese Ziele vage und unklar. Darüber hinaus ist eine kontinuierliche Meilensteinkommunikation von entscheidender Bedeutung: Welche Erfolge wurden seit dem Startpunkt erzielt? Welche Fortschritte sind auf dem Weg erkennbar? Was sind die nächsten Schritte? Transparente Entscheidungskommunikation ist ebenfalls wichtig, um die Gründe und Ziele hinter getroffenen Entscheidungen zu erläutern.
  • Optimierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung:
    Erweitern Sie Ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung, um nicht nur positive Ergebnisse, sondern auch Herausforderungen und Lernprozesse transparent darzulegen. Authentizität in der Kommunikation schafft Vertrauen und signalisiert, dass Ihr Unternehmen bereit ist, aus Erfahrungen zu lernen. Diese transparente Herangehensweise stärkt nicht nur die Glaubwürdigkeit Ihres Unternehmens, sondern trägt auch dazu bei, eine Unternehmenskultur des kontinuierlichen Lernens und Verbesserns im Bereich Nachhaltigkeit zu fördern.
  • Konkretes, aktives Handeln:
    Für Mitarbeitende ist es meist nicht primär wichtig, in welchem spezifischen Nachhaltigkeitsfeld sich das eigene Unternehmen aktiv engagiert und Beiträge leistet. Hauptsache es wird etwas ganz konkret und auch mit relevanter Wirkung getan (nicht nur als Alibi oder rein symbolhaftes Handeln). Passive Spendings werden zudem deutlich weniger honoriert als aktives Engagement. Weniger positiv wird auch darauf reagiert, wenn Unternehmen ihre Mitarbeitenden lediglich darin unterstützen, sich außerhalb des Unternehmens nachhaltig zu engagieren – ohne sich selbst substanziell zu mehr Nachhaltigkeit zu verpflichten und sichtbare aktive Beiträge dafür zu leisten. Ähnliches gilt, wenn Nachhaltigkeitsmaßnahmen, primär oder ausschließlich eigenen unternehmerischen Vorteilen dienen. Wichtig zudem: Die eigenen Maßnahmen und Beiträge zur Nachhaltigkeit sollten zum jeweiligen Unternehmen passen und authentisch sein.
  • Schulung und Sensibilisierung:
    Schulungen und Workshops anbieten, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Unternehmen zu fördern und das Wissen der Mitarbeitenden zu erweitern. Mitarbeitende mit direktem Kundenkontakt auf spezifische Fragen, Erwartungen, Bedarfe und Wünsche der Kunden vorbereiten. Das Thema Nachhaltigkeit − wo passend − auch in bestehende andere Schulungsinhalte integrieren und damit verknüpfen (konkreten Alltagsbezug und Alltagsrelevanz herstellen).
  • Inklusion und Partizipation:
    Aktive Einbindung der Mitarbeitenden in die Nachhaltigkeitsinitiativen des Unternehmens fördern, indem Ideen und Vorschläge aktiv gesammelt und umgesetzt werden. Hierbei ist es wichtig, individuelles Engagement nicht zu überfordern oder zu überschätzen. Setzen Sie stattdessen auf Freiwilligkeit, Selbstentfaltung und eine schrittweise Kultivierung der Nachhaltigkeitsbeteiligung.
  • Anreize für nachhaltiges Verhalten schaffen:
    Um die Mitarbeitermotivation zu steigern, können auch Anreizprogramme implementiert werden. Beispielsweise könnten Anreize für umweltfreundliches Pendeln oder Geschäftsreisen geschaffen werden, um die Beteiligung am Nachhaltigkeitsengagement zu fördern. Es ist entscheidend, dass diese Anreize sowohl die individuellen Bedürfnisse als auch die allgemeinen Unternehmensziele berücksichtigen. Dabei ist Vorsicht geboten, da Anreize nicht dazu führen sollten, dass nachhaltiges Handeln rein auf äußere Belohnungen basiert. Idealerweise sollte der Antrieb, nachhaltig zu handeln, aus einem inneren Wunsch heraus entstehen, um eine langfristige und authentische Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmenskultur zu gewährleisten.
  • Mehr Freude an Nachhaltigkeit und nachhaltigem Handeln entwickeln:
    Anstatt auf Alarmismus, Aktionismus, intellektuelle Abstraktheit, Moralin, schlechtes Gewissen oder Pflichtübungen zu setzen – und diese gängigen Herangehensweisen an Nachhaltigkeit intern im Unternehmen widerzuspiegeln – sollte schrittweise mehr Freude, Ambition und Selbstverständlichkeit im Umgang mit Nachhaltigkeit kultiviert werden. Die Entwicklung einer positiven und erfüllenden Beziehung zur Welt durch Freude am nachhaltigen Handeln, Stolz auf bisher Erreichtes und das Setzen ambitionierter Ziele, einschließlich konkreter Zwischenziele, bilden eine stabile Grundlage für einen dauerhaften Weg zu mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen.

 

Kontakt aufnehmen und weiter austauschen

Interessiert am weiteren Austausch zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement in interner wie externer Perspektive und unternehmensspezifischen Forschungs- und Entwicklungsprojekten? Oder interessieren Sie sich für unsere bisherigen Studienveröffentlichungen zum Thema Nachhaltigkeit im Rahmen der Marktforschung und der Organisationsforschung?

Dann sprechen Sie uns gerne persönlich an: Tanja Höllger – tanja.hoellger@heuteundmorgen.de – Telefon: +49 221 995 005-12. Wir freuen uns auf den vertiefenden Austausch mit Ihnen!

Für vertiefende Einblicke und detaillierte Analysen zu den aktuellen Ergebnissen der zitierten Studie „Nachhaltigkeit von Unternehmen aus Arbeitnehmersicht – Status Quo, Potenziale und Perspektiven“ kann der vollständige Bericht hier kostenpflichtig bestellt werden.

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